KÖLN. (hpd) Die Religionskritikerin und Kommunistin Mina Ahadi schrieb vor wenigen Tagen einen offenen Brief an Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Partei „Die Linke“. Mit deutlichen Worten kritisiert Ahadi darin die Haltung der Partei zum politischen Islam. Der hpd dokumentiert den Brief in ganzer Länge.
Sehr geehrte Sahra,
seitdem ich deine Rede im deutschen Bundestag gehört habe, bin ich erstaunt und fassungslos. Und zwar deshalb, weil du ebenso wie die Partei „Die Linke“ die politische Lage nicht richtig einschätzt. Du hast dich in jener lebhaften Rede gegen Brutalität und Krieg ausgesprochen. Du hast davon geredet, dass der Terror nicht mit Bomben zu bekämpfen sei. Ich füge meinerseits hinzu, dass die Lösung des Problems die Einbeziehung verschiedener Faktoren erforderlich macht. Nicht mit Bomben kann der Terror bekämpft werden, aber auch nicht mit Schweigen und einer verharmlosenden Darstellung des politischen Islam.
Es ist eine bittere Wahrheit, dass die westlichen Staaten – Amerika, England, Frankreich – auf den politischen Islam zur Sicherung eigener Macht gesetzt haben. In Ländern wie dem Iran, dem Irak, Afghanistan, dem Sudan usw. haben die Terrorbanden der islamischen Bewegung das Leben von Millionen von Menschen beeinträchtigt oder gar zerstört. Um es deutlicher zu sagen: Ich rede über Steinigung, Zwangsverschleierung und Massenhinrichtungen. Ich rede von den offiziellen Gesetzen, nach denen du und ich halb so viel Wert sind wie die Männer.
Als Iranerin habe ich hautnah den abscheulichen und ekelhaften Charakter der Bewegung des politischen Islam erlebt und seit 36 Jahren bekämpft. Nach deiner lebhaften Rede habe ich gegoogelt, um zu wissen, wie oft die Führerin der Linkspartei über das Verbrechen der islamischen Bewegung lebhafte Reden gehalten hat. Google hat meine Hoffnung zunichte gemacht. Nicht eine Minute lang hast du jemals eine Rede über die Steinigung, das Auspeitschen der Frauen, die Hinrichtung z. B. das Erhängen der Atheisten/innen, Kommunisten/innen usw. gehalten. Google hat mir gesagt, dass unter dem Namen Sahra und islamische Bewegung nichts zu finden ist.
Ich hoffe, dass du von mir gehört hast. Ich bin eine Bürgerin, die seit Jahren in fast allen Städten Deutschlands gegen Steinigung, Hinrichtung, Burka, Frauenfeindlichkeit und islamischen Terrorismus Reden gehalten hat und die nicht zuletzt Kritik an der Politik der westlichen Staaten, auch Deutschlands, geübt hat. Ich war aber niemals euer Gast. Weshalb? Weil deine Partei fortwährend die islamische Bewegung als Verkörperung des Befreiungskampfes der Bevölkerung – jener Länder, aus denen wir kommen – gegen imperialistische Machtherrschaft versteht, und vielleicht verstehst auch du es so. Ihr bewertet jede Taktik und Aktion dieser Verbrecher als „antiimperialistisch“.
Die islamische Bewegung an sich ist eine Bewegung zur Unterdrückung der Bevölkerung im Allgemeinen und der Linken im Besonderen. Diese Bewegung terrorisiert und mordet nach islamischer Überzeugung und nach den Gesetzen des Koran.
Die islamische Bewegung nahm im Iran, dem Land, aus dem auch dein Vater stammt, Form an – als Antwort und zur Zerschlagung jener Revolution, die linke Charakterzüge besaß.
Der „Islamische Staat“ als Zwillingsbruder der „Islamischen Republik“ begann im Iran. Seine barbarische Errichtung ging mit bestialischem Massenmord an Tausenden von jungen Menschen einher. Bis heute habe ich keine einzige Zeile deiner Partei zu einer Verurteilung der Verbrechen von der iranischen Entsprechung der DAESH (IS) gelesen. Warum?
Wir, du und ich, sind Linke und Kommunistinnen. Wir sind uns in Deutschland noch nicht begegnet, denn wie haben unterschiedliche Positionen zur der großen Katastrophe des Jahrhunderts, nämlich dem grausamen islamischen Terrorismus. Niemals habt ihr die verbrecherische Rolle des politischen Islam in der jetzigen Welt erkannt. Ihr habt die Apologeten des Multikulturalismus und Postmodernismus unterstützt. Ihr habt uns – Frauen, die diesen Psychopathen in die Hände gefallen und zu Gefangenen geworden waren – ignoriert. Ihr habt euch mit eurer Arbeit und eurem Leben beschäftigt. Nichts findet man in euren politischen Bekundungen zur Unterstützung der Frauenbewegung in den islamisch beherrschten Ländern. Warum?
Ich bin eine iranische Kommunistin. Viele Jahre meines Lebens habe ich gegen ein Monster gekämpft, das von den westlichen Ländern ins Leben gerufen wurde. Wir haben im Iran die Politik der Steinigungen, Hinrichtungen und Frauenunterdrückung dieser Bewegung zurückgedrängt, während unsere linken Freunde und insbesondere linke Frauen im Westen die Steinigungen gleichgültig hinnahmen. Ich hoffe du weißt, was ich meine.
Als eine Frau aus dem Iran – unter der Herrschaft des islamischen Terrorismus – klage ich an:
- die westlichen Staaten, die den ins Mittelalter gehörenden Reaktionären geholfen haben,
- die Intellektuellen, die uns ruhig stellen wollten und von Harmlosigkeit des Islams erzählten,
- die Linken, die schwiegen oder die Augenwischerei betrieben, die erzählten, dass Hinrichtung ein Bestandteil unserer Kultur sei.
Schließt eure Augen und lebt weiter, und schließlich ihr, als Linke mit politischer Verantwortung in der Gesellschaft, ihr seid noch einen Schritt weiter gegangen und habt erzählt, es gäbe keine Probleme. Manchmal habt ihr den Ex-Staatspräsidenten Ahmadinedschad als Sieger über das US-imperialistische Amerika bejubelt.
Du hast im Bundestag über Afghanistan und die falsche Politik, die die Entwicklung der Taliban ermöglichte, gesprochen. Zur falschen Politik gehörte nicht nur die Bombardierung und die Entsendung von Militär, sondern sie umfasste auch die Weichenstellung zur afghanischen Regierungsbildung, wiederholt verteidigt durch die deutsche Regierung auf der Afghanistan-Konferenz, bei der alle modernen und säkularen politischen Kräfte ausgeschlossen bleiben und Bürgerrechte durch religiös-ethnisches Recht ersetzt wird.
2011 veranstalteten wir in Bonn eine Kundgebung gegen die beschlossene falsche Politik von zehn Jahren der Afghanistan-Konferenz. Wir waren der Meinung, dass diese Politik den Weg für weitere jahrelange blutige Auseinandersetzungen in Afghanistan vorbereitet. Leider beteiligte sich niemand von euch an dieser Protestkundgebung.
Vereehrte Sahra,
wir sind gegen Krieg und Terror, gegen Terrorismus des Staates und islamischen Terrorismus. Angesichts der momentanen Lage erfordert linke Politik die Bildung einer dritten Front sowohl gegen Staatsterror als auch gegen islamischen Terror. Leider steht deine Partei nicht in der Kampffront gegen den islamischen Terrorismus. Daher gehört sie meines Erachtens nicht zum linken Lager.
Der Kommunismus ist die richtige, schöpferische Antwort auf die Probleme der Menschheit für ein besseres Leben. Ignorieren der Probleme, Übersehen der Schwierigkeiten und falsche Interpretation des antiimperialistischen Kampfes haben euer Verhältnis zu der Bevölkerung in den islamisierten Ländern zerstört. Als langjährige Kämpferin gegen den politischen Islam stelle ich fest, dass ihr das Problem entweder nicht richtig einschätzt oder es ignoriert. Aus diesem Grund habt ihr seit 36 Jahren keinen Platz an unserer Seite im Kampf gegen den politischen Islam eingenommen.
Ich hoffe, dass dieser Brief ein Nachdenken ermöglicht. Seit Jahren hat sich die islamische Bewegung in Deutschland mit dem Bau von Moscheen, mit Zwangsverschleierung, Trennung der Geschlechter in den Schulen usw. ausgebreitet. Viele Deutsche sind zu Recht über die Zurückdrängung der relativ säkularen Prinzipien Deutschlands besorgt – und eure Partei steht wie üblich auf der Seite der Islamisten.
Denkt bitte darüber nach.
Ich warte auf eine Antwort zu diesem Brief.
Hochachtungsvoll
Mina Ahadi
14 Kommentare
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Kommentare
Norbert Reimann am 17. Dezember 2015 – 15:02 Permanenter Link
Guter Brief; jetzt weiß ich auch, warum ich mit der Linkspartei Probleme habe, war mir nicht so klar.
Olaf Sander am 17. Dezember 2015 – 15:03 Permanenter Link
Sollte Frau Ahadi eine Antwort bekommen, hoffe ich sehr, dass der HPD sie auch veröffentlicht.
…
Frank Nicolai am 17. Dezember 2015 – 15:37 Permanenter Link
Die Redaktion hat bei Frau Dr. Wagenknecht angefragt.
Klaus am 17. Dezember 2015 – 18:19 Permanenter Link
Für mich ist S.W. schon mal ein ordentlichen Fortschritt, weil sie echt Ahnung von den geopolitischen Zielen der internationalen Hochfinanz hat (der Vorgänger G.S.
Ralf am 17. Dezember 2015 – 23:44 Permanenter Link
Ich weiß ehrlich gesagt nicht so richtig, was diese Frau eigentlich will. Es ist sehr anstrengend ihren Ausführungen zu folgen.
Oder bemängelt sie lediglich, dass Sarah Wagenknecht für ihre knapp bemessene Redezeit im Bundestag andere Prioritäten gesetzt hat, als sie es getan hätte?
Es gibt ein altes deutsches Sprichwort, dass besagt: Jede kehre vor seiner eigenen Haustür.
In diesem Sinn hat Sarah Wagenknecht die Prioritäten richtig gesetzt und in erster Linie die Politik des Westens kritisiert, die ja den politischen Islam mit hervorgebracht hat. (Siehe Vortrag von Michael Lüders „Wer den Wind sät“ auf YouTube.)
Von Sarah Wagenknecht als westliche Politikerin würde ich eher erwarten, dass sie die Kriegstreiberei der sich „christlich“ nennenden Kirchenmitglieder unserer Bundesregierung kritisiert.
Siegbert am 18. Dezember 2015 – 13:37 Permanenter Link
@Ralf
Zitat: „In diesem Sinn hat Sarah Wagenknecht die Prioritäten richtig gesetzt und in erster Linie die Politik des Westens kritisiert, die ja den politischen Islam mit hervorgebracht hat“
Ich kann es nicht mehr hören. Das ist dieselbe Leier wie die, dass die westliche Gesellschaft selbst daran schuld sei, dass islamistische Terroristen aus ihr hervorgehen. Weil man nicht genug für die Integration mache. Nein, wer zum Terroristen wird, ist schon selbst dafür verantwortlich. Ich verweise auf den Artikel „Fünf Lügen, die sie uns über Paris erzählen“ von Alan Posener, Link: http://hpd.de/artikel/12446
Berlina am 18. Dezember 2015 – 7:40 Permanenter Link
Sahra Wagenknecht und Die Linke ist nicht die richtige Adressatin dieses (grundsätzlich richtigen) Briefes. Der „Erfolg“ ist kontraproduktiv.
Arno Gebauer, 2… am 18. Dezember 2015 – 8:19 Permanenter Link
Guten Tag,
Frau Mina Ahadi hätte besser die Bundeskanzlerin anschreiben sollen als Frau Dr. Sahra Wagenknecht.
Frau Dr. Sahra Wagenknecht ist der verkehrte Ansprechpartner.
Viele Grüße
Arno Gebauer
Michael Jungblut am 18. Dezember 2015 – 8:52 Permanenter Link
Hier mal wieder,…….LEIDER ;-( …ein Beispiel, warum die linke Bewegung seit vielen Jahren hier in Deutschland nicht weiter kommt !!!
auf Gemeinsamkeiten zu besinnen. Und die wenigen Antikriegskräfte zu einigen !!!
Ganz nach „Monty Python’s Life of Brian“ Volksfront von Judäa
oder Judäische Volksfront, oder Linke , oder Sie Frau Ahadi, die Grünen etc, etc.
UND die „Römer“ lachen sich ins Fäustchen
pavlovic am 18. Dezember 2015 – 10:01 Permanenter Link
Ich mußte auch leider feststellen, dass die linke Bewegung (also nicht erst schon die Partei „die Linke“) schon lange die religiöse Dimension des politischen Konservativismus falsch einsc
carsten hanke am 18. Dezember 2015 – 10:13 Permanenter Link
Das ist ein Brief, der nicht nur unter die Haut geht sondern vielen Lesern, so sicherlich auch Sahra offenbart, dass wir ein großes Defizit an diesen geschilderten Tatsachen haben.
Mit solidarischen Grüßen Carsten Hanke
Heinz Herbert am 18. Dezember 2015 – 13:11 Permanenter Link
Liebe Sarah. Also, ich würde zu diesem Kommentar was schreiben und zwar recht flugs. Herzlich Heinz Herbert
Uve Gutowski am 18. Dezember 2015 – 11:52 Permanenter Link
So einleuchtend wurde selten Klartext geredet. Nicht nur Wagenknecht auch Merkel &Co ignorieren bzw. unterdrücken sogar diese Fakten!
Olaf am 18. Dezember 2015 – 14:53 Permanenter Link
In der grundsätzlich berechtigten Kritik gibt es den gravierenden Fehler, Sahra Wagenknecht als „Kommunistin“ zu bezeichnen. Das ist sie nicht.
Dieser Fehler allerdings zeigt vermutlich, warum sich plötzlich der hpd so engagiert zeigt, einen Brief unter Linken zu veröffentlichen, als würde er sich sonst auch nur im geringsten, um deren Diskurse scheren. Religionskritische, antireligiöse, atheistische Texte von Kommunisten las ich hier noch nie (antikommunistische hingegen oft).
Was die Kommunisten betrifft, die übrigens in der Regel Atheisten sind: die Aussagen von Marx in der Einleitung zur Hegelschen Rechtsphilosophie sind eine Grundlage und Voraussetzung für kommunistisches Denken und Handeln, mit dem sich Religion im Prinzip nicht vereinen läßt. Lenin hat ausdrücklich hergeleitet, daß Kommunisten Religion für eine Privatsache halten (im Zarismus), was aber eben nicht heißt, ihr staatliche, rechtliche usw. Öffentlichkeit zuzubilligen (in sozialistischer Zukunft) – sondern auch ihre ideologische Einflußnahme und insofern politische Wirksamkeit zu bekämpfen. Der Kommunismus basiert auf einer wissenschaftlichen, rationalen (und dynamischen!) Weltanschauung, auf Kritik und Analyse, nicht auf Glaubenssätzen, Aberglaube und Vorurteilen.