Der Leipziger Dichter Dieter Mucke äußerte im Oktober 1991 auf einer Pressekonferenz des Verbandes deutscher Schriftsteller:
„… ich möchte darauf aufmerksam machen, daß der in dem bekannten Heine-Wort benannte schreckliche Kausalzusammenhang, wer Bücher verbrennt/vernichtet, verbrennt/vernichtet auch Menschen, keine logische Abstraktion oder historische Reminiszenz ist, sondern schon wieder deutsche Gegenwart. Deshalb fordere ich als ein in Leipzig geborener Dichter, daß dieses barbarische und faschistoide Verbrechen der Büchervernichtung endlich geahndet wird.“
Quelle: Frank Thomas Grub: „Wende“ und „Einheit“ im Spiegel der deutschsprachigen Literatur: ein Handbuch. Bd.1: Untersuchungen. De Gruyter, Berlin 2008, S.21
Das Lesen gehörte in der DDR zu den Grundfertigkeiten, die alle Schüler der sozialistischen Schule am Ende der vierten Klasse in einem solchen Grade beherrschen mußten, daß sie imstande waren, aus einem ihrem Alter abgepaßten unbekannten Text selbständig den Sinn zu erschließen und einen bekannten Text ausdrucksvoll vorzulesen. Und das gelang. Die DDR war eine hochgebildete Nation. Nicht nur Werke der Weltliteratur, wie Goethe, Schiller, Heine, Puschkin oder Shakespeare gehörten zum Lesealltag der Jugend, sondern auch viele zeitgenössische Autoren, wie Anna Seghers, Friedrich Wolf, Bruno Apitz und Bertolt Brecht. Dabei leisteten die Bibliothekare der DDR eine unverzichtbare Arbeit. Es waren nicht angelernte Kräfte, die Bücher nur von hinten kennen und heute lieber „Medien“ in ihre Regale stellen anstatt Bücher, sondern mindestens ebenso gebildete Persönlichkeiten, die ihren jungen und älteren Lesern wertvolle Literatur nahezubringen verstanden. Im folgenden Beitrag schreibt die Bibliothekarin einer kleinen Gemeindebibliothek über ihre Erfahrungen aus dem Jahre 1979. Solche…
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